• Der grosse Rechenfehler des Herrn Musk
    Nov 22 2024

    Twitter war jahrelang die wichtigste Plattform für den Austausch von Journalisten, Politikern, Künstlern und Aktivisten. Ich selbst bin seit März 2011 auf Twitter aktiv– an kaum einem anderen Ort habe ich so viel gelernt. Vor etwas mehr als zwei Jahren hat Elon Musik Twitter gekauft. Er sagte, er wolle «den Vogel befreien» und Redefreiheit einführen auf Twitter. Er entliess mehr als die Hälfte der Belegschaft und benannte die Plattform um in «X». Seither ist der Dienst kaputt: Lärm, Lügen und Beschimpfungen prägen das Netzwerk. Immer mehr Menschen fühlen sich deshalb nicht mehr wohl auf X. Diese Woche haben österreichische Journalisten rund um Armin Wolf deshalb den #eXit angestossen: Viele wichtige und spannende Menschen haben «X» verlassen und sich auf BlueSky neu eingerichtet. Da fühlt sich die Debatte wieder so an, wie vor vielen Jahren auf Twitter: anständig und spannend. Der Kauf von Twitter respektive «X» könnte deshalb zum Lehrbeispiel dafür werden, dass es nicht möglich ist, ein Medium gegen seine Nutzerinnen und Nutzer auszurichten. Ich kann Ihnen auch sagen, warum das so ist. Eins vorweg: Es geht dabei nicht um Politik, sondern schlicht darum, wie Medien funktionieren.

    Matthias Zehnder ist Autor und Medienwissenschaftler in Basel. Er ist bekannt für inspirierende Texte, Vorträge und Seminare über Medien, die Digitalisierung und KI.
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  • Abschied aus der hypermoralisierten Mediengesellschaft
    Nov 15 2024

    Ganz egal, ob es um Donald Trump und Kamala Harris geht, um den Ausbau von Autobahnen und den Mieterschutz oder um das Bündnis Sarah Wagenknecht und die AfD – die moralische Aufregung ist immer maximal gross. Willkommen in der hypermoralisierten Mediengesellschaft. Der Grund ist simpel: Dringlichkeit, Gefahr und der ultimative Appell an die Moral holen viel mehr Aufmerksamkeit als nüchterne Analysen und eine sachliche Auseinandersetzung. Das Problem dabei ist, dass die Realität mit der Aufregung kaum mithalten kann. Erstens kommt es anders und zweitens meist langsamer, als die Medien warnen. In der Bevölkerung löst die überhandnehmende Moral-Kommunikation deshalb vor allem Misstrauen aus. Die chronische Moralisierung von Politik und Medien führt zur Demoralisierung der Gesellschaft. Gerade angesichts des Aufschwungs extremer Parteien, angesichts der problematischen Ministerkandidaten in den USA und vor schwierigen Abstimmungen in der Schweiz sollten wir dringend moralisch abrüsten und uns mit der Sache auseinandersetzen. Analytisch scharf, gedanklich durchdringend, aber ohne moralische Appelle. Es ist Zeit für einen Abschied aus der hypermoralisierten Mediengesellschaft.

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  • Warum es gerade jetzt auf menschliche Intelligenz ankommt
    Nov 8 2024

    Unternehmen und Verwaltungen investieren viel Geld und Ressourcen in KI-Technologien. Das ist verständlich: Schliesslich vergeht kein Tag ohne Meldung über ein neues KI-Tool. Die Künstliche Intelligenz kann schreiben, programmieren, diagnostizieren, analysieren und prognostizieren. KI-Programme finden Versicherungsbetrüger und stopfen Sicherheitslücken. Die künstliche Intelligenz generiert Texte, Bilder und Videos und das so gut, dass kürzlich eine Modefirma ihre neue Kollektion mit KI-generierten Fotomodellen vorstellte. Und wenn man Elon Musk glauben will, fährt schon bald ein selbstfahrendes Taxi vor, das nicht einmal mehr über ein Lenkrad verfügt. Dabei geht gerne vergessen, dass es auch und gerade im KI-Zeitalter vor allem auf menschliche Intelligenz ankommt. Ein Grund ist simpel: Jede technische Neuerung bietet nur ganz am Anfang einen Konkurrenzvorteil. Weil schnell alle Unternehmen die neue Technik anwenden, sind es bald wieder die Menschen, die den Unterschied ausmachen. Dazu kommen einige spezifische Eigenschaften der KI, die in der Euphorie oft übersehen werden. Sie führen dazu, dass es gerade im Umgang mit der KI auf die menschliche Intelligenz ankommt. Und dann gibt es noch ein Grund, warum gerade jetzt menschliche Intelligenz so wichtig ist.

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  • Warum die Künstliche Intelligenz zum Tod der Medien führt
    Nov 1 2024

    Spoiler: ChatGPT hat nichts damit zu tun. Als Open AI im Dezember 2022 einer breiten Öffentlichkeit ChatGPT vorstellte, kam es zu einem technologischen Erdbeben, wie es sich seit der Vorstellung des iPhones durch Steve Jobs nicht mehr ereignet hat: Nur wenige Tage nach der Freischaltung nutzten bereits mehr als 100 Millionen Menschen den KI-Chatbot. Auch bald zwei Jahre danach verblüffen die grossen Sprachmodelle mit ihren Leistungen immer noch. Medienschaffende sehen sich bedroht durch KI-Programme, die wahre Zauberkunststücke mit Sprache, Bild, Ton und Video vollführen. Die Verblüffung ist gross – wie bei jedem Zaubertrick legen sich Entzücken und Verwunderung wie ein Schleier über die profane Mechanik, die den Zauber möglich macht. Im Fall der generativen KI sind das gigantische Rechenmaschinen, die sich Sprache, Bilder, Ton und Video mit Wahrscheinlichkeitsrechnungen erschlossen haben. Das mag der Verarbeitung von Sprache dienen, kreativ sind die Maschinen nicht. Reporterinnen, Interviewer, Kommentatorinnen und Cartoonisten können sie nie ersetzen. Die grosse Verblüffung hat aber dafür gesorgt, dass die meisten Menschen gar nicht gemerkt haben, wie die künstliche Intelligenz auf ganz andere Weise zum Tod der Medien führt. Denn die KI hat die Medien ökonomisch überflüssig gemacht.

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  • Vom Unterschied zwischen einer Website und einem Brötchen
    Oct 25 2024

    Die Verleger im deutschsprachigen Raum beklagen sich seit Jahren über die Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender im Internet: ARD und ZDF, ORF und SRF würden die Zeitungsverleger online mit Texten und Bildern konkurrenzieren und das finanziert mit Gebührengeldern. Besonders laut jammern die Verleger in der Schweiz. SRF ist online mit einem gut besuchten Newsportal präsent. Die Verleger sagen deshalb, dass die SRG sie verdränge und ihnen massiv schade. Die Behauptung: Ohne SRF hätten sie mehr Erfolg. Eine wissenschaftliche Studie zeigt jetzt das Gegenteil: Wer SRF-Angebote konsumiert, nutzt die privaten Medienangebote signifikant häufiger als Menschen, die keine SRF-Angebote nutzen. SRF ersetzt die privaten Medien also nicht, sondern ergänzt sie. Die Nutzung von SRF hat zudem keinen Einfluss darauf, ob die Menschen online für Nachrichten bezahlen oder nicht. Das Problem ist nicht die SRG, es sind die grossen Tech-Firmen. Die Verleger haben erleichtert auf die Studie der Universität Zürich reagiert, es kommt jetzt zum grossen Schulterschluss der Schweizer Medien gegen die Tech-Firmen aus dem Silicon Valley und alle leben glücklich und zufrieden. Kleiner Scherz. Nein: Die Verleger wischen die Studie vom Tisch. Motto: Wir empfinden das anders. Sie diskreditieren die Studie und ignorieren die empirische Evidenz. Zeit für einige Anmerkungen über den Unterschied zwischen einer Website und einem Brötchen.

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  • Eine Messe für das Buch
    Oct 18 2024

    Es ist paradox: Eigentlich ist die Frankfurter Buchmesse das weltweit wichtigste Hochamt für das Buch. Regelmässig wird an der Messe aber der Tod des Buchs verkündet. Ich war da, als die CD-ROM das Buch ablösen wollte, das elektronische Buch das Drucken überflüssig machen und das Internet die Branche auslöschen sollte. Gestern bin ich mal wieder nach Frankfurt gepilgert und habe dem Buchmarkt meinen Tribut gezollt. Allen Unkenrufen zum Trotz sind sie alle noch da: Suhrkamp und Rowohlt, Campus und Herder, Kein&Aber und Diogenes und zwar mit Büchern. Vor allem aber waren da viele Menschen, die leidenschaftlich über Bücher diskutiert haben. Autorinnen und Autoren, Verlegerinnen, Agenten, Übersetzer. Ich habe viele wache, kluge Gesichter gesehen. Das stimmt mich zuversichtlich. Aber auch 2024 fürchtet sich die Branche vor einem neuen Trend. Diesmal geht es nicht um eine neue Technologie, oder nur am Rande. In meinem Wochenkommentar sage ich Ihnen diese Woche wovor sich die Verlage fürchten und was mich dennoch hoffnungsvoll stimmt.

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    17 mins
  • Informationelle Landesverteidigung – wie könnte das gehen?
    Oct 11 2024

    Was ist die grösste Bedrohung der Schweiz? Stellen Sie sich vor, Sie wären ein autokratischer Herrscher in einem fernen Land und möchten dem Westen, insbesondere der Schweiz schaden. Würden Sie eine Bombe auf unser Land werfen, ein paar Raketen abfeuern oder gar Panzer schicken? Das wäre höchst ineffizient. Und zwar nicht nur, weil der Schaden nicht allzu gross wäre, sondern weil dem ganzen Land sofort klar wäre: Wir werden angegriffen. Die Reaktion wäre ein grosses Zusammenrücken. Nein, viel effizienter als Bomben und Raketen ist es, ein Land im Informationsraum anzugreifen. Und zwar indirekt, indem unser Autokrat für Unsicherheit sorgt, das Vertrauen der Bevölkerung in Regierung, Staat und Institutionen untergräbt und schwelende Konflikte schürt. Unser Autokrat muss dafür gar nicht viel tun. Die Medien sind ökonomisch längst auf pure Reichweite gepolt und deshalb äusserst empfänglich für Sensationen, Konflikte und emotionalisierende Inhalte. Ganz besonders gilt das für die sozialen Medien, wo Fake News sich sieben mal so schnell verbreiten wie reale Nachrichten – weil Falschnachrichten meistens sensationeller sind und mehr Emotionen wecken. Unser Autokrat reibt sich also die Hände, er sorgt mit einem kleinen Team gezielt für etwas Desinformation im Land und schon krachts. So weit, so klar. Die spannende Frage ist: Wie kann sich eine westliche Demokratie, wie kann sich die Schweiz davor schützen? Unser Autokrat verweist grinsend auf die Medien- und Meinungsfreiheit – sind dem Staat also die Hände gebunden? Ist die Schweiz feindlicher Desinformation schutzlos ausgeliefert? Denken wir gemeinsam darüber nach: Wie könnte heute eine informationelle Landesverteidigung aussehen?

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    16 mins
  • Die Schweiz kappt die geistige Landesverteidigung
    Oct 4 2024

    Die Schweiz hat, wie alle westlichen Länder, in den letzten Jahren die klassische Verteidigungsfähigkeit abgebaut. Jetzt versucht die Armee händeringend, die militärischen Löcher zu stopfen. Neu muss sie sich dabei nicht mehr nur um Land, See und Luft kümmern, sondern auch um den Weltraum. Der Nationalrat hat deshalb beschlossen, Beyond Gravity, die Weltraumfirma der Rüstungsfirma Ruag, aus Sicherheitsgründen zu behalten. Es könnte ein teures Engagement werden. Und dann gibt es da noch die fünfte Dimension der Auseinandersetzungen: Das ist der Informationsraum. Auf technischer Ebene hat die Schweiz in den letzten Jahren in die Cyberabwehr investiert. Ziel ist der Schutz kritischer Infrastrukturen und Systeme vor Cyberangriffen. Das ist die technische Ebene. Lange vorher beginnt das, was man als «Informationskrieg» bezeichnet: die Abwehr von manipulierten Informationen, Fake News und Desinformation. An Land, auf seinen Seen und in der Luft muss sich die Schweiz zwar besser rüsten, aber sie befindet sich im Frieden. Anders sieht das im Informationsraum aus: Russland und andere Akteure stecken längst mitten im Informationskrieg. Moskau will mit Desinformationskampagnen Zwietracht im Westen streuen. Anders als bei Artillerie und Flugabwehr ist die Schweiz im Informationsraum gut aufgestellt. Doch genau da will der Bundesrat jetzt den Rotstift ansetzen: Er hat «Swissinfo», den Auslanddienst der SRG, die Beiträge gestrichen und empfohlen, den Dienst einzustellen. Die Schweiz kappt mit anderen Worten die geistige Landesverteidigung. Ich frage mich: Warum?

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    20 mins